Wie bist Du zur Bildhauerei gekommen?
Zunächst über das Handwerk, durch ein Praktikum bei einem Steinmetz. Mit der Faszination am skulpturalen Arbeitsprozess und am Material entstand dann auch der Wunsch zum Studium der Bildhauerei. Ich arbeite seit über 15 Jahren hauptsächlich mit Holz, v. a. Pappelholz, denn es kann eine physische Direktheit, eine Ehrlichkeit und Natürlichkeit wie kaum ein anderes Material vermitteln. Das Holz hat auch das Potential, die teilweise verstörende Atmosphäre und Künstlichkeit meiner Skulpturen abzumildern und durch die Materialästhetik versöhnlich und beruhigend auf den Betrachter zu wirken – das schätze ich sehr.
Wie würdest Du Deine Arbeit beschreiben? Was heißt Gestalten für Dich?
Meine Arbeit ist die klassische skulpturale Arbeit mit den traditionellen Bildhauerwerkzeugen. Dabei entwickele ich Figuren und Figurensembles in unterschiedlichen Themenkontexten. Grundsätzlich sollte der Kunst und Gestaltung immer etwas Rätselhaftes innewohnen und gleichzeitig auch etwas Verbindendes zur Lebenswirklichkeit, so dass sie Nähe zum Betrachter schafft.
Macht das gute Kunst Deiner Meinung nach aus?
Ja, Kunst sollte etwas im Betrachter anrühren, sollte eine neue, veränderte Wahrnehmung ermöglichen, auch ohne großes Vorwissen. Der Künstler selbst sollte auch nicht zu verkopft und elitär vorgehen, natürlich reflektieren und verorten, das aber im Schaffensprozess auch wieder zurückstellen.
Was ist Dir bei der Vermittlung wichtig? Was macht sie für Dich aus? Und was ist für Dich dabei in der Arbeit mit Handwerkern besonders interessant?
Die Kursteilnehmer erhalten eine generelle Wahrnehmungsschulung, neue Blickwinkel zu erfahren und bestehende Muster aufzubrechen. Ein Einstieg dazu ist etwa die Aufgabe, „blind“ zu zeichnen und zu modellieren. Mir ist es wichtig, den Teilnehmern eine Urteilsfähigkeit für eine plastische Qualität zu vermitteln und sie für die Eigenschaften des Materials Holz zu sensibilisieren. Die Teilnehmer bringen aus ihren Gewerken unterschiedlichste Fähigkeiten und Herangehensweisen mit, was ich als sehr spannend und bereichernd erlebe.
Welche Schwerpunkte setzt Du im Sommerkurs „Portait“ am Kompetenzzentrum „Gestalter im Handwerk“?
Hier vermittle ich den klassischen Bildhauerprozess des Modellierens, des Abformens und Erstellens eines Gipsabgusses am Beispiel eines Kopfes. Auch die Umsetzung jeglicher freier Formen und Ideen ist möglich. Grundlegende gestalterische Fragen und plastische Techniken werden hier beispielhaft erprobt und umgesetzt.
Interview Susann Mannel, 12. Mai 2014
Jan Thomas wurde 1970 in Salzgitter-Lebenstedt geboren. Er studierte Bildhauerei an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, wo er heute auch als Dozent tätig ist. Jan Thomas erhielt zahlreiche Stipendien und Preise. Er lebt und arbeitet in Halle, seit Beginn des Projektes Kompetenzzentrum „Gestalter im Handwerk“ unterrichtet er in der Fortbildung „Gestalter/in im Handwerk“ und gibt regelmäßig Kurse.
www.jan-thomas.com